Bis zum 30. Juli 2023 konnten Bewerberinnen und Bewerber sich mit einem Text zum Thema „Unterwegs“ für den Titel „Dorfschreiber oder Dorfschreiberin Hemslingen/ Söhlingen“ bewerben. Zu gewinnen gab es einen Aufenthalt im niedersächsischen Dorf Hemslingen. Hemslingen/ Söhlingen liegt im Dreieck zwischen Bremen, Hannover und Hamburg und hat bei 1500 Einwohnern viel zu bieten. Der Ort wurde aus zwei Dörfern zusammengelegt, daher die korrekte Bezeichnung Hemslingen-Söhlingen.
Der Schreibwettbewerb unter dem Motto „unterwegs“ entstand im Zusammenhang mit dem Ortswanderweg Hemslingen. Hier können Wanderfreunde 13 km an der frischen Luft wandern und das Dorf umrunden.
Dorfschreiberin Hemslingen – 14 Tage Recherche
Inzwischen hat die vierköpfige Jury Nina Hermann aus Flensburg ausgewählt. Ihr Text „Auf Abwegen“ überzeugte und öffnete ihr die Türen in den Alltag der Hemslingerinnen und Hemslinger sowie der Einwohner von Söhlingen.
Am 1. September wird sie anreisen und dann nach der offiziellen Preisverleihung am 2. September um 15.30 Uhr ihre Arbeit aufnehmen. Die Bewohnerinnen und Bewohner freuen sich darauf, ihr Dorfgeschichten und Kuriositäten zu bieten. Auf dem Programm stehen schon jetzt die beiden Erntefeste in Hemslingen und Söhlingen, ein Blick in die Dorfgeschichte und ein Besuch beim Unkrautverein. Auch das Museum für landwirtschaftliche Maschinen ist eingeplant, ebenso ein Treffen mit anderen Schreibern und vieles weitere.
Lesung der ersten Ergebnisse
Zum Abschluss soll es dann eine Lesung mit ersten Ergebnissen geben. Der Aufenthalt dauert 14 Tage und es ist anzunehmen, dass Nina Herrmann mit dem Projekt auch darüber hinaus beschäftigt sein wird.
Ein kleiner Einblick in den Siegertext ist hier zu finden. Wer mehr von Nina Herrmann lesen möchte, kann auf dieser Seite regelmäßige Aktualisierungen finden.
„Auf Abwegen
Ein kleines Grüppchen von vier Personen hatte sich klammheimlich von der Reisegruppe entfernt. Das aufgeweckte Vierergespann, bestehend aus dem Ehepaar Bloch und den Geschwistern Struve, zog es vor, die örtlichen Sehenswürdigkeiten auf eigene Faust zu erkunden, statt ihrem trübsinnigen Reiseführer hinterher zu stolpern.
In aller Stille stahlen sie sich einen Fußweg hinauf, der sich einen Steinwurf über dem tobenden Wildwasser an die Steilwand schmiegte. Sie tauschten ein verschwörerisches Lächeln, als die Gruppe hinter einer Biegung zurückblieb; solch ein Abenteuer war eher nach ihrem Geschmack.
Wie gerufen für mutige Entdecker tat sich hinter der nächsten Biegung ein keilförmiger Riss in der Felswand auf. Gleich einem Schlüsselloch in einem monumentalen Schloss aus Gestein erlaubte er den Blick auf einen winzigen Ausschnitt lichterfüllter Natur dahinter. Der Felsentunnel selbst hatte nichts als Finsternis anzubieten; schon nach wenigen Metern verlor sich das Tageslicht in erstickender Schwärze.
Einstimmig beschloss das Viererteam, wahren Entdeckergeist zu demonstrieren und den felsigen Korridor zu erforschen. Einer nach dem anderen tauchte hinein, tastete sich nahezu blind voran, um dann im langsam auffächernden Sonnenlicht eine gänzlich unerwartete Welt zu betreten. Keine Spur mehr vom donnernden Rauschen des Flusses, der nebelhaften Feuchtigkeit, den groben Felswänden der Hauptschlucht – jenseits der Spalte erstreckte sich ein Talstreifen, schmal wie die Kerbe eines riesigen Messers und dicht mit ausgreifenden Eichen und Birken bewachsen….“ (Copyright Nina Herrmann)